«Vertrauen von null auf hundert»

Führung in digitalen Zeiten

Wenn ihr Unternehmen vor der Corona Krise grosse Wert auf Kontrolle der Mitarbeiter legte, dann haben es ihre Führungskräfte momentan nicht ganz einfach. Was gesetzlich alles bereits geklärt ist, und welche Themen noch total offen sind, zeigen wir auf.

Die gute Nachricht vorab: Wenn es ihnen schwer fällt,  einfach zu hoffen, dass alle ihre Mitarbeiter die im Vertrag vereinbarten Arbeitszeiten auch im Homeoffice einhalten, dürfen sie eine Arbeitszeiterfassung verlangen. Das ist im Gesetzt geregt. Bei anderen Fragen spricht das Gesetz aber nicht immer eine so klare Sprache.

Vor allem die Kinderbetreuung während der Arbeitszeit ist aktuell ein heikles Thema. Schulen, Kindergärten und Krippen wurden gleichzeitig geschlossen, während viele Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt wurden. Wenn während dieses Zeitraums ihr Mitarbeiter oder sein Kind krank geworden ist, ist der Fall gesetzlich geklärt. Gemäss der Aussage des Arbeitsrechtsexperten Roger Rudolph handelt es sich hier um einen Fall von Artikel 324a OR und es besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Die Frage ist allerdings, für wie lange. Das Arbeitsgesetz geht davon aus, dass bei Krankheit des Kindes innert dreie Tage eine alternative Betreuungslösung realisierbar sein sollte. Danach wird es mit dem Lohnfortzahlungsanspruch kritisch. Falls der Mitarbeiter selbst am Corona-Virus erkrankt wurde und arbeitsunfähig ist, ist der Arbeitgeber wie in jedem anderen Krankheitsfall ebenfalls zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Dafür ist man allerdings beweispflichtig, was mindestens bei längerer Absenz die Vorlage eines Arztzeugnisses bedingt.

Wie sieht es aber im Falle Kinderbetreuung während der Arbeitszeit aus, wenn der Mitarbeiter gesund und arbeitsfähig ist? Die Frage ist bis heute ungeklärt.  Als es vor zehn Jahren eine Kinderkrippe wegen der Schweingrippe geschlossen wurde und eine Mutter ihr Kind zu Hause betreuen musste, hat das Arbeitsgericht Zürich den Lohnanspruch verneint. Grund dafür war, dass eine seuchenähnliche Situation vorliege und es somit kein Fall von persönlicher Arbeitsverhinderung sei (Artikel 324a OR). Laut Arbeitsrechtsexperte Rudolph kann man das aber auch anders sehen. Es besteht somit ein gemeinsames Interesse für den Mitarbeiter und Arbeitgeber, eine befriedigende Vereinbarung zu finden, wo der Arbeitgeber weiterhin eine Leistung erhält, und der Mitarbeiter etwas mehr Flexibilität.

Wie es mit sonstigen Fragen steht, wie beispielsweise die Führung von Geschäftstelefonaten mit dem privaten Mobiltelefon, oder die Nutzung des privaten Notebooks für das Geschäft, hat das Gesetzt eine klare Regelung: Sämtliche Berufsauslagen müssen zwingend vom Arbeitgeber übernommen werden (Artikel 327a OR).

Die aktuelle Situation ist für alle Beteiligten neu. Nicht alle Themen sind im Gesetzt bereits verankert. Umso wichtiger ist die Kommunikation. Barbara Josef berät mit ihrer Firma 5to9 Unternehmen zur Zukunft der Arbeit. Ihre Empfehlung lautet: „Gute Führung findet über Zielvorgaben und individuelles Coaching statt, nicht über Präsenzkontrolle und Mikromanagement. Die Vorstellung, dass man Menschen kontrollieren könne, sei hochgradig naiv – sowohl im Büro als auch im Homeoffice.“

Somit ist auch die Zeit für eine kontrollfokussierte Unternehmenskultur angekommen, mehr Vertrauen ihren Mitarbeiter zu schenken und die Kommunikation zu stärken.

Quellen

  • https://www.tecchannel.de/a/home-office-geht-nur-mit-vertrauensvorschuss,2077027,2
  • https://t3n.de/news/fuehren-im-homeoffice-1265295/
  • https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/was-sollen-fuehrungskraefte-in-der-corona-krise-tun-16714466.html
  • https://www.luzernerzeitung.ch/wirtschaft/wie-stark-darf-mich-mein-arbeitgeber-im-home-office-kontrollieren-habe-ich-anspruch-auf-lohn-wenn-ich-mich-jetzt-primaer-um-meine-kinder-kuemmern-muss-ein-arbeitsrechtsexperte-beantwortet-fragen-rund-ums-home-office-ld.1205254
  • https://www.swisscom.ch/de/magazin/digitalisierung-im-alltag/unternehmen-fuehren-homeoffice-tipps/

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